Dienstag, 4. September 2012

Der Herbstapfel


Der kleine Apfel hing schon lange in seinem Baum, jedenfalls solange er denken konnte – und das musste ewig sein.

So hing er am Baum und schaukelte im Wind hin und her, mal ganz sachte, dann wieder stark und stärker. So heftig wie der Wind eben blies. Der kleine Apfel mochte es anfangs gar nicht, wenn der Wind so heftig an ihm zerrte und zog. Doch inzwischen genoss er das wilde Treiben in vollen Zügen.

Aber es gefiel ihm auch, wenn die Sonne vom blauen Himmel schien und er von der Sonne gewärmt wurde. Staunend stellte er fest, dass seine Farbe sich allmählich von Grün zu Rot verändert hatte. „Steht mir gut!“, dachte er stolz und reckte sich ein wenig. Seine Brüder und Schwestern sollten ruhig sehen, was für ein ansehnlicher Apfel  er geworden war.

Eines Tages kamen Paul und Lena in den Garten. Sie spielten fangen und verstecken. Als Paul sich hinter dem Apfelbaum versteckte, bemerkte er erst wie schön saftig die Äpfel inzwischen aussahen. Er ließ sich von Lena finden. Jetzt hatte er keine Lust mehr zum Versteckspiel. Stattdessen wollte er Äpfel ernten. „Schau mal Lena. Wir pflücken die Äpfel, dann kann die Mama Apfelkuchen backen.“ „Au ja“, freute sich Lena. „Gute Idee.“ In der Scheune stand ein Korb. Den holte sich Lena schnell.

Doch die beiden Kinder merkten rasch, wie hoch die Äste mit den verlockenden Äpfeln hingen. Sie reckten und streckten sich. Aber die Äpfel waren nicht bereit, sich einfach abpflücken zu lassen. „Warte Lena!“, rief Paul. „Ich heb dich hoch. Dann kommst du besser an die Äpfel ran.“ Sofort hob er seine Schwester ein Stück an. Tatsächlich konnte Lena einen Apfel erwischen. „Ich hab einen!“, rief sie stolz. Die Geschwister wiederholten das Ganze zweimal. Dann hatte Paul keine Kraft mehr. „Puh bist du schwer!“, stöhnte er. Lena grinste. „Ich hab ne bessere Idee! Wir holen eine Leiter!“ Sie rannte zur Scheune und holte eine Leiter heraus. Mühsam schleppte sie diese zum Baum. „Jetzt können wir ernten!“, strahlte Lena. Paul kraxelte sofort nach oben. Doch die Kinder hatten nicht aufgepasst. Die Leiter stand schief und Paul kam nicht weit. Die Leiter wackelte und schwupps di wuppps – lag Paul auf dem Boden. Zum Glück war er nicht sehr tief gefallen. Darum hatte er nur ein paar blaue Flecken abbekommen.  Doch beiden Kindern war der Schreck in die Glieder gefahren. Paul verdrückte sich ein paar Schmerzenstränen. „Aua!“, jammerte er.

Das sah der kleine Apfel. Er mochte es gar nicht, wenn jemand traurig war. Deshalb wollte er die Kinder trösten. Er ruckelte an seinem Ast hin und her, schwang rauf und runter, nahm Anlauf und purzelte im hohen Bogen direkt hinein in den Korb von Lena und Paul. „Hast du das gesehen!“, freute sich Lena. „Schau mal der Apfel ist von selbst in unseren Korb gesprungen!“ Paul nickte. „Das glaubt uns keiner!“ Schon  rappelte er sich munter wieder auf. Die blauen Flecke hatte er vergessen. „Das ist aber ein besonders schöner Apfel!“ Paul schaute sich den kleinen Apfel von allen Seiten an. „Weißt du was, den teilen wir uns auf den Schreck!“ Lena nickte. Schnell räumten sie die Leiter wieder auf und gingen zusammen ins Haus. Dort aßen sie mit viel Genuss den kleinen Apfel.

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