Der kleine Apfel hing schon lange in seinem Baum, jedenfalls
solange er denken konnte – und das musste ewig sein.
So hing er am Baum und schaukelte im Wind hin und her, mal
ganz sachte, dann wieder stark und stärker. So heftig wie der Wind eben blies.
Der kleine Apfel mochte es anfangs gar nicht, wenn der Wind so heftig an ihm
zerrte und zog. Doch inzwischen genoss er das wilde Treiben in vollen Zügen.
Aber es gefiel ihm auch, wenn die Sonne vom blauen Himmel
schien und er von der Sonne gewärmt wurde. Staunend stellte er fest, dass seine
Farbe sich allmählich von Grün zu Rot verändert hatte. „Steht mir gut!“, dachte
er stolz und reckte sich ein wenig. Seine Brüder und Schwestern sollten ruhig
sehen, was für ein ansehnlicher Apfel er
geworden war.
Eines Tages kamen Paul und Lena in den Garten. Sie spielten
fangen und verstecken. Als Paul sich hinter dem Apfelbaum versteckte, bemerkte
er erst wie schön saftig die Äpfel inzwischen aussahen. Er ließ sich von Lena
finden. Jetzt hatte er keine Lust mehr zum Versteckspiel. Stattdessen wollte er
Äpfel ernten. „Schau mal Lena. Wir pflücken die Äpfel, dann kann die Mama
Apfelkuchen backen.“ „Au ja“, freute sich Lena. „Gute Idee.“ In der Scheune
stand ein Korb. Den holte sich Lena schnell.
Doch die beiden Kinder merkten rasch, wie hoch die Äste mit
den verlockenden Äpfeln hingen. Sie reckten und streckten sich. Aber die Äpfel
waren nicht bereit, sich einfach abpflücken zu lassen. „Warte Lena!“, rief
Paul. „Ich heb dich hoch. Dann kommst du besser an die Äpfel ran.“ Sofort hob er
seine Schwester ein Stück an. Tatsächlich konnte Lena einen Apfel erwischen. „Ich
hab einen!“, rief sie stolz. Die Geschwister wiederholten das Ganze zweimal.
Dann hatte Paul keine Kraft mehr. „Puh bist du schwer!“, stöhnte er. Lena
grinste. „Ich hab ne bessere Idee! Wir holen eine Leiter!“ Sie rannte zur
Scheune und holte eine Leiter heraus. Mühsam schleppte sie diese zum Baum. „Jetzt
können wir ernten!“, strahlte Lena. Paul kraxelte sofort nach oben. Doch die
Kinder hatten nicht aufgepasst. Die Leiter stand schief und Paul kam nicht
weit. Die Leiter wackelte und schwupps di wuppps – lag Paul auf dem Boden. Zum
Glück war er nicht sehr tief gefallen. Darum hatte er nur ein paar blaue Flecken
abbekommen. Doch beiden Kindern war der
Schreck in die Glieder gefahren. Paul verdrückte sich ein paar
Schmerzenstränen. „Aua!“, jammerte er.
Das sah der kleine Apfel. Er mochte es gar nicht, wenn
jemand traurig war. Deshalb wollte er die Kinder trösten. Er ruckelte an seinem
Ast hin und her, schwang rauf und runter, nahm Anlauf und purzelte im hohen
Bogen direkt hinein in den Korb von Lena und Paul. „Hast du das gesehen!“,
freute sich Lena. „Schau mal der Apfel ist von selbst in unseren Korb
gesprungen!“ Paul nickte. „Das glaubt uns keiner!“ Schon rappelte er sich munter wieder auf. Die
blauen Flecke hatte er vergessen. „Das ist aber ein besonders schöner Apfel!“
Paul schaute sich den kleinen Apfel von allen Seiten an. „Weißt du was, den
teilen wir uns auf den Schreck!“ Lena nickte. Schnell räumten sie die Leiter
wieder auf und gingen zusammen ins Haus. Dort aßen sie mit viel Genuss den
kleinen Apfel.
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