Das kleine
Mädchen mit den großen dunklen, fast schwarzen Augen im braunen Gesicht, das
ein wenig an die Farbe von Kakao erinnerte, sah verwirrt auf das Glitzerwesen
direkt vor sich. Ayana, so hieß das Mädchen, ging vorsichtshalber einen Schritt
zurück. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Das Glitzerwesen war von Kopf bis
Fuß hell. Es trug ein weißes Gewand, mit einer goldenen Bordüre und einem
Gürtel aus lauter Sternen. Unter einer Krone quollen helle Haare, die bis auf
die Schulter fielen, hervor. Die Arme mündeten in goldenen Flügeln. Dieses
Wesen sagte etwas, aber die Worte waren Ayana fremd. Sie verstand nicht, was
das Wesen meinte. Sie wusste auch nicht wer das Wesen war. So wusste Ayana
nicht, dass direkt vor ihr das Christkind stand.
Ayana kam aus
einem fremden Land. Weihnachten kannte sie durchaus auch. Es war nämlich der
christliche Glaube, der Grund dafür war, dass die Familie von Ayana nicht mehr
in ihrer Heimat leben konnte. Denn die Menschen hassten sie wegen ihres
Glaubens. Deshalb stand Ayana nun hier mitten auf einem unbekannten Marktplatz
in einem fremden Land.
Noch immer
klebten ihre Augen wie festgewachsen auf dem sonderbaren Wesen. Trotz ihres
christlichen Glaubens hatte Ayana noch niemals das Christkind gesehen. Nicht
mal auf Bildern und erst recht nicht in Wirklichkeit. Deshalb wusste Ayana auch
nicht, dass das Christkind Wünsche erfüllte.
Doch das kleine
Mädchen mit den krausen, schwarzen Haaren und dem nachtschwarzen Gesicht hatte
keine Wünsche mehr. Denn alles was sie sich einst wünschte, musste sie
zurücklassen in einer Heimat, die weit entfernt von diesem Marktplatz lag. Sie
hatte ihre Wünsche längst vergessen in einem Land, das ihr keinen Schutz bot
und ihre Familie nicht haben wollte.
Da kam das
Christkind direkt zu Ayana, reichte ihr einen Lebkuchen und sagte zu ihr:
„Frohe Weihnachten“. Auch wenn Ayana die Worte nicht verstand, so merkte sie
doch, dass das Christkind es gut mit ihr meinte. Sie nahm den Lebkuchen und
antwortete in der für sie fremden Sprache mit denselben Worten: „Frohe
Weihnachten“. Dabei spürte Ayana, dass sich ein winziger Funke Freude in ihr
ausbreitete. Und tief in ihr keimte die Ahnung, dass sich der einzige Wunsch,
den sie noch hatte, nämlich, irgendwo ohne Angst leben zu können, vielleicht
doch noch erfüllen würde.
Diese Geschichte unterliegt dem Urheberrecht und darf nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung verwendet werden.
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