Montag, 28. März 2011

Der Regenwurm

„Hurra, hurra, es regnet wieder!“, murmelte der Regenwurm vor sich hin und badete genussvoll in einer Pfütze. „So ist’s schön.“ Er freute sich. Es gab doch nichts schöneres, als Dauer-Regenwetter.
Das fand auch Eva, die mit ihrer Mutter gerade vom Kindergarten nach Hause kam. Die Mutter öffnete die Autotür, löste die Anschnalle vom Kindersitz und schon quetschte sich Eva an der Mama vorbei nach draußen. Es schüttete. Nussgrosse Tropfen platschten ihr ins Gesicht.
„Eva!“, rief die Mutter. „Komm unter meinen Schirm. Du wirst pitschnass!“
Doch das kümmerte das Mädchen nicht. „Regen ist schön!“, behauptete sie und streckte ihr Gesicht den tief hängenden Wolken entgegen. Sie öffnete den Mund, streckte die Zunge heraus. und schnappte nach den Tropfen. Das war ein lustiges Spiel!
„“Jetzt kommt schon, du wirst ja krank!“, forderte die Mutter, während sie das Auto abschloss.
Widerstrebend schlüpfte Eva unter den Schirm.
Der Regenwurm ließ sich von den Menschen nicht stören. Wenn sie kamen, versteckte er sich schnell in irgendwelchen Ritzen, damit er nicht versehentlich zertrampelt wurde. Doch jetzt war er nicht schnell genug.
Eva platschte in die Pfütze. Ein Schwall dreckiges Wasser traf Mamas Hose. Die girrte„iiiiih!“ und sprang wie ein aufgescheuchter Gockel zur Seite. Der Regenwurm kam in Bedrängnis, weil Evas Schuh seine Schwanzspitze streifte.
„Heh!“, gurgelte er erstickt. „Du bringst mich um.“ Leider hörte ihn Eva nicht. Außerdem verstand sie die Wurmsprache nicht.
Da – im letzten Moment, sah sie den armen Wurm. Schnell trat sie mit ihrem Fuß zurück. „Rasch, wir müssen ins Haus!“ Mama zog Eva von der Pfütze weg.
Da deutete die Tochter auf das Tier. „Schau mal, ein Regenwurm!“
Die Mama verzog angeekelt ihr Gesicht. Auf Würmer stand sie nicht besonders.
„Jetzt komm schon!“, sie schob ihre Tochter vor sich her.
„Dem armen Regenwurm ist bestimmt kalt!“, sorgte sich Eva und machte Einen Satz auf die Pfütze zu. „Ich nehm ihn mit ins Haus!“
Erschrocken sah die Mutter ihre Tochter an. „Das fehlte noch. Nein. Würmer gehören nach draußen. Denen ist auch nicht kalt. Sie leben in der Erde. Da ist es schön warm und sie sind nützlich.“
„Wieso nützlich? Was machen die denn da?“
„Sie lockern die Erde auf. Das ist wichtig, damit die Pflanzen genug Wasser bekommen. Und dann geht es den Pflanzen gut.“
Ganz überzeugt war Eva davon nicht. Sie wollte sich gerade nach dem Regenwurm bücken. Doch der wartete nicht mehr lange, sondern er verschwand ganz schnell im warmen Erdboden!


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Sonntag, 30. Januar 2011

Die mutigen kleinen Sonnenstrahlen

Vorsichtig spitzte die Sonne durch die schweren Wolken. Die standen so dicht beieinander, dass sie fast nichts sehen konnte. Doch die Sonne blieb hartnäckig und nach einigen Stunden hatte sie es endlich geschafft.
Sie konnte nach einem harten und langen Winter die ersten wärmeren Sonnenstrahlen auf die Erde lassen. „Seid vorsichtig“, rief sie ihnen zu. „Bleibt nicht zu lange, denn der Winter wird nochmal seine eisigen Winde schicken!“
Ja, ja!“, riefen die kleinen Sonnenstrahlen und rutschten übermütig zur Erde. Dort hielten ihnen die Menschen erwartungsvoll ihre Gesichter entgegen. Es gab niemanden, der sich vor ihnen schützen wollte. Alle freuten sich über die ersten wärmenden Strahlen.
Endlich Sonne!“, freuten sie sich.
Die Sonnenstrahlen sahen mit Begeisterung, dass die Menschen sie herzlich willkommen hießen. Sie versuchten den Schnee wegzutauen, aber dafür waren sie noch zu wenige. „Wir müssten mehr Zeit haben!“, seufzten sie. „Wir müssen zurück!“, beschloss der älteste Strahl. Die anderen maulten: „Jetzt noch nicht.“
Da kam auf einmal ein eisiger Wind auf. „He!“, riefen die Strahlen ganz erschrocken.
Seht ihr! Wir müssen zurück!“, beharrte der vernünftige Sonnenstrahl.
Die Strahlenkinder sahen es ein und zogen sich allmählich zurück, alle bis auf einen. Dieser kleine Strahl wartete bis seine Geschwister hinter den Wolken verschwanden. Dann kam er wieder hervor und versuchte ganz allein einen ganzen Schneemann zum Tauen zu bringen.
Doch der lachte nur: „Du bist ja ein ganz schlauer. Deine Geschwister sind längst wieder hinter den dicken Wolken. Alleine erreichst du gar nichts. Schau lieber, dass du hier verschwindest!“
Der kleine Strahl zitterte im eisigen Wind. Der Gedanke aufzugeben, erschien ihm auf einmal sehr verlockend. Doch plötzlich legte sich der Wind und der kleine Strahl bekam neuen Mut. Er nahm seine ganze Kraft zusammen – und wirklich der Schnee schmolz ein klein wenig. Das machte den kleinen Strahl zuversichtlich. Er rief nach seinen Geschwistern. Erstaunt kamen sie hinter den dunklen Wolken hervor: „Was machst du denn noch hier ?“
Ich taue den Schnee weg!“, verkündete der kleine Strahl stolz. „Helft mir!“, forderte er seine Geschwister auf.
Die wunderten sich über den Mut des kleinen Sonnenstrahls.
Doch dann stellten sie fest, dass sich der eisige Wind gelegt hatte und trauten sich wieder auf die Erde.
Jetzt halfen sie dem kleinen mutigen Strahl – und wirklich schafften sie es gemeinsam, dass der Schneemann langsam kleiner wurde.
Traurig schmolz der dahin – Aber die Menschen riefen sich gegenseitig zu: „Jetzt kommt bald der Frühling!“ Und sie freuten sich sehr!
@Ingrid Neufeld

Samstag, 1. Januar 2011

Ein frohes neues Jahr

Klirrend kalt war dieser 1. Januarmorgen. Überall lagen die Reste von Böllern und Feurwerksüberbleibseln herum. Die meisten Menschen lagen noch in ihren warmen Betten und sogar die Schneeflocken schwebten müde vom grauen Himmel.
Wirbelinchen, die quirligste aller Schneeflocken rief ihren Geschwistern zu: „Schneller, beeilt euch, schließlich sind wir das erste, das die Menschen in diesem Jahr zu sehen bekommen. Eine riesige weiße Decke aus herrlichem pulvrigem Schnee!“ Mit ihrer Begeisterung steckte sie auch die anderen Schneeflocken an. Und bald schon wirbelten munter unzählige Schneeflocken aus den schweren Wolken.
Am späten Vormittag steckten die ersten Kinder vorsichtig ihre Gesichter in die Kälte. „Komm schon!“, rief Anna-Marie ihrem Bruder zu. „Es hat geschneit!“, jubelte sie. Jens drängte sich an seiner Schwester vorbei ins Freie. Er fasste in den Schnee und flugs warf er einen Schneeball auf Anna-Marie.
Gleich darauf lieferten sie sich eine fröhliche Schneeballschlacht. Sie tollten durch den Schnee und freuten sich über die weiße Pracht. Wirbelinchen saß auf einem Baum und beobachtete die beiden. Genauso hatte sie sich das vorgestellt: Kinder, die sich über die weiße Pracht begeisterten! Dafür lohnte es sich vom Himmel zu schneien!
Anna-Maria zeichnete mit einem Stock Buchstaben in den Schnee: „Schau mal, was ich schon kann!“ Sie hatte gerade erst schreiben gelernt und war mächtig stolz auf jeden Buchstaben.
„Das kann doch jeder!“, gab Jens an. „Die paar Buchstaben. Schreib doch mal einen Satz!“
Mit großen Kulleraugen schaute Anna-Maria ihren Bruder an. Sie überlegte. „Mir fällt aber keiner ein.“
„Siehste!“, triumphierte ihr Bruder. „Kannst du nicht!“
„Kann ich doch!“, behauptete die Schwester.
Entschlossen strich sie ihre Haare aus dem Gesicht und rückte ihre Mütze gerade. Dann griff sie wieder nach dem Stock.
Krampfhaft kratzte sie in den Schnee. Dann konnte man lesen: „Ein frohes neues Jahr!“
Da kam die Nachbarin heraus. „Grüß Gott Frau Müller!“, sagte Anna-Maria.
Die Nachbarin grüßte zurück. Ihr Blick blieb an Anna-Marias Kunstwerk hängen. „Ein frohes neues Jahr“, las sie. „Das hast du aber schön gemacht!“, lobte sie das Mädchen.
Anna-Maria strahlte. „Für Sie auch Frau Müller. Ein frohes neues Jahr!“
Wirbelinchen freute sich. Die Schneeflocke war glücklich. Sogar der weiße Schnee kündigte es an: Ein frohes neues Jahr war angebrochen!